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Gebräuche rund um den Tod

Judenfriedhof besucht    (mg) Quelle MP Mai 2010

Der Ausflug zum 1. Mai führte die Kolpingsfamilie Mönchstockheim zum israelitischen Friedhof in Gerolzhofen. Trotz einiger Regenschauer machten sich knapp 30 Mitglieder und Gäste – zum Teil mit dem Fahrrad – auf den Weg zum idyllisch gelegenen „Judenfriedhof“. Besonders erwähnt ein Pressebericht, dass auch zahlreiche Kinder und Jugendliche dabei waren und Interesse für die jüdische Geschichte zeigten.

Gästeführerin Evamaria Bräuer nahm die Teilnehmer mit auf eine anschauliche und informative Reise in die Vergangenheit der Gerolzhöfer Juden. Besonders standen Sitten und Gebräuche rund um das jüdische Begräbnis im Vordergrund. Hier wusste Bräuer, angefangen von den rituellen Waschungen bis zur Ausrichtung der Grabsteine, viel zu berichten. Immer wieder klangen auch persönliche Schicksale jüdischer Mitbürger an, die in Gerolzhofen ihre Heimat hatten.

Am Ende der Führung rund um das „Haus des Lebens“, wie der Friedhof bei gläubigen Juden heißt, hatten die Teilnehmer der Gruppe zwar nasse Füße, waren aber sehr beeindruckt von dem, was sie gehört und gesehen hatten.


Foto: Mainpost Lindenthal

Scherben auf den Augen der Toten

Gästeführerin Evamaria Bräuer verstand es ausgezeichnet, die 60 Teilnehmer, die der Einladung der Tourist Information zu einem Gang durch den Israelitischen Friedhof in Gerolzhofen gefolgt waren, in die Begräbnisriten jüdischer Familien einzuführen

 

 Auf dem 1631 gegründeten, 10 000 Quadratmeter großen Distriktfriedhof befinden sich über 500 Gräber. Der Friedhof musste mindestens 50 Ellen vom nächsten Stadttor entfernt sein, so die Bedingung.In einem einfachen Fichtensarg wurden die Verstorbenen noch am Sterbetag bestattet. Zuvor wurden sie im Taharahaus den rituellen Waschungen unterzogen. Auf die Augenlider des Verstorbenen legte man kleine Tonscherben, damit sie das Licht bei der Auferstehung am jüngsten Tag nicht blenden möge.

Die meisten Gräber in der Diaspora weisen nach Osten, nach Jerusalem, dem Land ihrer Väter. Lediglich die Grabsteine der Frauen, die im Kindbett verstorben sind, sind um 90 Grad gedreht worden, als Wertschätzung, bei der Geburt neuen Lebens gestorben zu sein. Jedes Grab wird nur einmal belegt und bleibt bis zum jüngsten Tag Eigentum des Verstorbenen. In der siebentägigen strengen Trauer wurde nicht gearbeitet und die Männer rasierten sich nicht, danach gab es einen Monat leichte Trauer. Nach der Setzung des Grabsteines nach einem Jahr kann die Seele des Verstorbenen erst Ruhe finden.

Von großem Leide für die Juden erzählte Evamaria Bräuer aus der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Die letzten jüdischen Bürger Gerolzhofens wurden 1942 in die Vernichtungslager nach Polen gebracht. Auffällig sind zum Beispiel auch die etwa 50 Bestattungen im Jahr 1636. Ursachen waren mit hoher Wahrscheinlichkeit die Pest und die Auswirkungen des 30-jährigen Krieges.

Quelle: Mainpost vom 30.10.2008 Wolfgang Lindenthal


Quelle: Markt Math. Endriß 29.10.08

  


Juden suchten Zuflucht in kleinen Landgemeinden 17.10.2010 12:30 Uhr, Schweinfurt MP (jck)

Wie sehr die Geschichte unserer Region mit der jüdischen Geschichte verwoben ist, das machten gleich zwei Veranstaltungen der Bezirkskulturtage deutlich – eine Führung über den israelitischen Friedhof am Stadtrand von Gerolzhofen und ein Vortrag in Frankenwinheim zu Landjuden in Unterfranken.

Wie sehr die Geschichte unserer Region mit der jüdischen Geschichte verwoben ist, das machten gleich zwei Veranstaltungen der Bezirkskulturtage deutlich – eine Führung über den israelitischen Friedhof am Stadtrand von Gerolzhofen und ein Vortrag in Frankenwinheim zu Landjuden in Unterfranken.

Die Besichtigung des israelitischen Friedhofs leitete Evamaria Bräuer, die als Expertin der jüdischen Geschichte in und um Gerolzhofen bekannt ist. Sie führte die etwa 25 Interessierten über das von Spitzahorn umsäumte Gelände oberhalb des Reitplatzes am Kapellberg, auf dem 500 Grabsteine in 44 Reihen stehen.

An vielen von ihnen nagt der Zahn der Zeit. Wuchernde Flechten sowie die Verwitterung lassen viele Inschriften der meist aus Sandstein gehauenen Steine nicht mehr erkennen. Die Hälfte der Grabsteine konnte bislang jedoch entziffert werden, unter ihnen das Grab des Lehrers Josef Ari Kellermann aus Gerolzhofen.

Den Eingang des im Jahr 1639 angelegten Friedhofs bildet das Taharahaus, ein kleines doppelstöckiges Häuschen, in dem einst die Leichen vor dem Begräbnis gewaschen worden sind. Da der Friedhof als Bestattungsort auch für Juden aus umliegenden Gemeinden diente, wurden auch Tote aus Frankenwinheim, Lülsfeld oder Brünnau nach Gerolzhofen gebracht. Im Lauf der Geschichte musste der der Friedhof immer wieder erweitert werden, so dass er heute 10 000 Quadratmeter umfasst.

Bis zum Kriegsjahr 1942 fanden auf dem israelitischen Friedhof Begräbnisse statt. Heute ist er geschlossen. Dennoch suchen immer noch viele Angehörige, oft auch aus den USA, auf dem Friedhof nach ihren jüdischen Wurzeln – nicht selten mit Erfolg, wie Evamaria Bräuer erklärte. Der Friedhof in Gerolzhofen ist einer von 46 israelitischen Friedhöfen in Unterfranken, das macht zwei Drittel aller israelitischen Friedhöfe Bayerns aus.

Erzwungene Lebensform

Doch wie kam die jüdische Bevölkerung damals aufs Land? Dieser Frage ging Rotraud Ries, Leiterin des Dokumentationszentrums für Geschichte und Kultur der Juden in Unterfranken in Würzburg, in ihrem Vortrag in Frankenwinheim nach. Ihre Präsentation mit dem Titel „Landjuden in Unterfranken und anderswo – ein Vergleich“ führte vom Jahr 999/1000, als die jüdische Geschichte im heutigen Deutschland begann, bis zum Ende des 19. Jahrhunderts.

Ries informierte, dass das Landjudentum der frühen Neuzeit eine erzwungene Lebensform war, da es den Juden damals meist verboten war, in Städten zu leben. Gerade deshalb prägte es aber die Geschichte der Juden in Unterfranken sowie allgemein die Geschichte Unterfrankens.

Leicht hatten es Juden aber nie, da sie immer wieder in ihren Rechten eingeschränkt wurden und Pogrome und Ausweisungen fürchten mussten. Die Vertreibung der Juden aus den Städten sorgte dafür, dass sie sich oft in kleinsten Siedlungen auf dem Land einrichteten, so auch in Unterfranken. Im Jahr 1813 wurden in Mainfranken rund 13 000 Juden in 146 Gemeinden gezählt. Sie betrieben beispielsweise Vieh- oder Textilhandel, lebten oft aber in ärmlichen Verhältnissen.

Späte Gleichberechtigung

Erst mit der Reichsgründung von 1871 erlangten die Juden eine rechtliche Gleichstellung. Viele zogen nun in Städte, die Gemeinden von Landjuden wurden kleiner oder lösten sich ganz auf.Am Ende ihres Vortrags wies Ries auf einen großen Gedenkmarsch hin, der am 10. Mai 2011 in Würzburg stattfinden soll und an die Deportation der mainfränkischen Juden in die Vernichtungslagers durch die Nazis am 25. April 1942 in Würzburg erinnert. Im Gedenken an die 850 Frauen, Männer und Kinder, die damals vom früheren Platzschen Garten zum Güterbahnhof Aumühle marschieren mussten, werden ebenso viele Personen die Strecke nachgehen.


Erinnern und bewahren als Aufgabe  10.07.2012 15:17 Uhr, Schweinfurt MP (eb)

Die Initiative Kultur Forum Gerolzhofen und Tourist-Information bot erstmals eine gemeinsame Öffentliche Sonntagsführung als Benefizführung im Israelitischen Friedhof von Gerolzhofen an. 

Besorgt richteten die Veranstalter am vergangen Sonntagvormittag die Blicke zum Himmel. Als am Nachmittag der Wind die Regenwolken vertrieben hatte, machten sich ca. 80 Besucher aus Gerolzhofen und Umkreis auf den Weg zur Anhöhe über Gerolzhofen gelegenen Israelitischen Distrikts Friedhof. Hocherfreut über den großen Zuspruch begrüßte die ehrenamtliche Stadt- und Museumsführerin Evamaria Bräuer die interessierten Gäste.

Ein Blick in das Tahara Haus ermöglichte eine konkrete Vorstellung ritueller Bräuche. Auf dem noch vorhandenen steinernen Waschtisch wurden Verstorbene für die  Bestattung vorbereitet. Im Innern des Gebäudes finden sich Reste eines Brunnens, von  Treppen- und Galerie Einbauten und farbige Wandbemalungen des 19. Jahrhunderts. Diese bauarchäologischen Elemente bedürfen dringend einer Bewahrung und Behütung. (hebr. shmor)

Erinnern (hebr. zachor) braucht Information! Auf Zeitzeugen mit eigenem Erinnern lässt sich aus  bekannten Gründen nicht zurückgreifen. Heute sind oft Grabsteine und Inschriften die einzigen Quellen der Forschung, deshalb gilt es die Grabdenkmale vor dem rasch voranschreitenden Zerfall zu bewahren. Frau Bräuer stellte die an einigen Steinen erfolgten Restaurierungen vor. Die Nachkommen jüdischer Familien aus Frankenwinheim haben in den letzten Jahren damit begonnen.

Eine intensive Pflege und kontinuierliches Rückschneiden von Schösslingen ist auf der Anlage unerlässlich! Bedauerlich ist, dass die mustergültige Pflege früherer Jahre durch Herrn Herbig, bisher nur mangelhaft erfolgt.

Im orthodoxen Judentum müssen 613 Gesetze (hebr. mizwot) beachtet werden. 365 „tue nicht“, 248 tue“ Daraus ergeben sich Rituale und Reinheitsgebote welche die Lebensabläufe regeln. Die Trauer der Angehörigen verbindet sich auch mit der Freude, dass der Verstorbene das Paradies erlangt hat und nun im Grab seine Auferweckung erwartet. Erlaubt sind darum nur Erdbestattungen. Einäscherung ist verboten. In Ländern mit Sargzwang erfolgt die Bestattung im einfachen Fichtensarg, möglichst am Sterbetag. Ein Grab soll nicht wieder geöffnet werden. Biografisches und Geschichtliches z.B. Familiennamen, überlieferte Redensarten, Bedeutungen der Symbole und die Einordnung bildhauerischer Stilelemente wurden kompetent erläutert.

Erinnerungsarbeit ist eine Aufgabe für jede Gesellschaft. Sie wird von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Das Mitwirken an der Erhaltung und Bewahrung der Grabmale ist eine Form unserer Erinnerungsarbeit heute. Eine ganz individuelle Form ist, eine „Steinpatenschaft“ zu übernehmen.In diesem Sinne sprach Stadtrat Thomas Vizl seinen Dank an Frau Bräuer aus, für ihr großes Engagement und das Halten und Knüpfen verschiedenster Kontakte und Vernetzung mit Institutionen in aller Welt. So erhalten wir immer neues Wissen über die Vergangenheit.

 

Nach 90 min. gab es genügend Zeit selbst zu entdecken oder Fragen zu stellen. Die Teilnehmer Bedankten sich mit Applaus, honorierten und unter stützten diese wichtige Arbeit mit Geldspenden.Eine besonders großzügige Spende übergab Kreisrat Florian Töpper, der zusammen mit Schweinfurts 3. Bürgermeisterin, Frau Petersen, nach Gerolzhofen gekommen war. Der Erlös dieser ersten Benefizführung wird auf ein speziell eingerichtetes Konto gezahlt und zu Erhaltungsmaßnahmen verwendet werden.

An alle Spender richtet sich ein ganz herzlicher Dank – hebr. toda raba.

Am 27. Oktober bietet das KulturForum eine Exkursion nach Arnstein zur Besichtigung der neu renovierten Synagogen an.            Infos   http://www.kulturforum-gerolzhofen.de/


Verschwundene Nachbarn- was ist geblieben? MP 22.10.12

Eine Delegation aus der Ukrainischen Stadt Novograd- Wolhynsk machte sich am 14. Okt.12 auf Spurensuche in Gerolzhofen. Das Steigerwald-Landschulheims Wiesentheid bot im Rahmen eines zehntägigen Besuchs seinen Gästen einen Rundgang zum Thema in Gerolzhofen an. Besuche der Museen in Würzburg und Nürnberg werden folgen.

Seit 1999 besteht zwischen dem Steigerwald-Landschulheim in Wiesentheid und dem
Gymnasium Lessja Ukrainka in Nowograd-Wolhynsk eine Schulpartnerschaft. Der gegenseitige,  jährliche  Schüleraustausch ist eine inzwischen lieb gewordene Tradition.  Als wichtigste Fremdsprache wird dort Englisch unterrichtet, doch Deutsch hat in den letzten Jahren einen immer höheren Stellenwert bekommen.
Die Gruppe, begleitet von zahlreichen Gasteltern und dem Organisator StD Wolf-Dieter Gutsch,  wurde angeführt durch den Mitinitiator und Deutschlehrer Valentin Witrenko. Ergänzend zu den  Sprachkenntnissen der Gruppe, unterstützte er mit seinen Übersetzungen die Gästeführerin Evamaria Bräuer.

Der erste Teil der mehrstündigen Exkursion führte über  den Israelitischen Verbandsfriedhof von Gerolzhofen. Sachkundig erläuterte Frau Bräuer dessen  Entstehungsgeschichte, sprach über Begräbnisrituale und erklärte  an den verschiedenen steinernen Zeugen, den Grabmälern und Dokumenten was vom einstigen jüdisch christlichen Zusammenleben in Gerolzhofen geblieben ist.

Im  zweiten Teil führte sie die Gruppe in die Stadt hinunter zur ehemaligen Synagoge, umliegenden Wohnhäusern, dem Lehrerhaus  und zum Erinnerungsstein. 60 Jahre, nach der sog. Reichspogromnacht, mussten vergehen bis schließlich in der Schuhstraße eine Stele errichtet wurde. 2006 wurde dieser Platz zu einer würdigen Gedenkstätte für die durch die Nazi Willkür verschleppten und ermordeten Jüdischen Gerolzhöfer Bürger erweitert. Anhand einer übersichtlich gestalteten Informationstafel lässt sich hier verdeutlichen, wo die Menschen Häuser und Wohnungen besaßen. Die Gesetzgebung der faschistischen Machthaber zog sich ab 1933 wie eine Schlinge der Entrechtung, Erniedrigung und Enteignung bis hin zur Ermordung der letzten in Gerolzhofen verbliebenen Juden, erbarmungslos zu. Eine Verlegung von den bekannten Stolpersteinen, in zahlreichen Orten Deutschlands zu finden, konnte in Gerolzhofen bisher noch nicht erreicht werden.

Geblieben sind neben Dokumenten aus Stein auch zahlreiche sprachliche Formulierungen. Wir benutzen mit der Redensart beispielsweise „Der Haussegen hängt schief“ einen Überrest der zerstörten Kultur. Im Eingangsbereich eines frommen jüdischen Haushaltes wurde im oberen Türdrittel -schräg = schief - eine schmale Kapsel mit dem Schma Jisrael dem Segen für die Hausbewohner angebracht.

Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten. Die länderübergreifenden Möglichkeiten der Begegnungen,des gegenseitigen Kennenlernens und Verstehens sind einmalig für unsere gegenwärtige Zeit. In diesem Zusammenhang freute man sich über gemeinsam über die Verleihung des Friedensnobelpreises für Europa.

 

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Evamaria Braeuer, Gerolzhofen | info@evamaria-braeuer.de