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Von der frohen Botschaft der Kunst

Interview:MP Stadtkultur Math. Wiedemann

 Evamaria Bräuer ist Führerin der ersten Stunde im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt

Sie ist von Anfang an dabei: Als das nagelneue Museum Georg Schäfer vor zehn Jahren Mitarbeiter suchte, bewarb sie sich, und heute gehört Evamaria Bräuer aus Gerolzhofen zu den profiliertesten Führerinnen des Hauses.

Frage: Wie war es denn so am Anfang? Alles neu, es gab keinerlei Erfahrungen. Sie mussten ihr Konzept erst entwickeln.

Evamaria Bräuer: Richtig. Es war für uns alle neu, und ich freue mich, dass ich von Beginn an dabei sein konnte. Ein wichtiger Schritt, eines der Highlights, war der erste geführte Rundgang mit Kurator Jens Christian Jensen. Er hat sich sehr viel Zeit genommen und in seiner bekannt legeren, humorigen Art uns auch die Hintergründe erläutert, warum er welche Gemälde wie gehängt hat. Da fiel es dann schon leichter, seine Intentionen nachzuvollziehen.

Können Sie sich noch erinnern, was Sie damals am meisten beeindruckt hat?

Bräuer: Eigentlich alles. Das Gebäude, die Farben der Kabinetträume, die Fülle der Themen und dass der Rundgang in einem zeitlichen Kontext funktioniert, vom Klassizismus bis zur beginnenden Moderne. Nach und nach haben wir uns – wir waren anfangs 20 bis 25 Kollegen und Kolleginnen – das alles erschlossen. Gerade am Anfang waren die Möglichkeiten groß. So hat sich etwa herauskristallisiert, dass wir auch Themenführungen anbieten.

Welche Leute mögen welche Bilder? Was interessiert den Gartenbauverein, die Schulklasse, die Touristengruppe?

Bräuer: (lacht) In Radlerkluft zum Beispiel? . . Ich habe die Maxime: Beurteile eine Gruppe nie nach dem Äußeren. Man hat zwar seinen persönlichen ersten Eindruck, aber in der Radlerkluft kann auch der Herr Professor Doktor von dieser oder jener Akademie stecken. Ich bemühe mich, nie 08/15-Programm zu machen, sondern versuche zu Beginn, die Interessen und Erwartungen der Besucher auszuloten. Oft werden Sonderwünsche einer Gruppe schon bei der Bestellung angegeben. Danach verteilt die Museumspädagogik die entsprechenden Führungen.

Was war denn Ihr kuriosestes Erlebnis?

Bräuer: Es kam einmal eine Familie – Vater, Mutter, Kind –, um die vermeintliche Barbie-Ausstellung zu sehen. Auf einem der Plakate für „Schön und Hässlich“ war ja eine solche aufs Plakat montiert worden. Als die dann erfahren haben, dass das keine Barbie-Ausstellung ist, sind sie mit heulendem Kind wieder abgezogen. Dieser Familienausflug war wohl daneben gelaufen.

Hat man auch Erfolgserlebnisse?

Bräuer: Natürlich. Ein Erlebnis, an das ich mich besonders gerne erinnere, war mit einer Schulklasse von Teenagern, die pflichtmäßig ins Museum kam. Heute sind die Klassen ja ethnisch oft stark gemischt, und die Kinder mit Migrationshintergrund sind übrigens sehr aufmerksam. Diesmal also war ein Mädchen dabei, offensichtlich aus dem Balkanbereich, und war sehr interessiert. Kurz darauf hatte ich eine Öffentliche Führung, für die ich auch namentlich angekündigt gewesen war. Da stand das Mädchen und stellte mir seine Mutter vor. Sie erzählte, es habe ihr neulich so gut gefallen, dass sie der Mutter unbedingt alles zeigen wollte, obwohl die nicht so gut Deutsch spreche. Die Führung hieß übrigens „Frauenbildnisse“.

Welche Sonderausstellungen waren besonders beliebt, welche taten sich schwer?

Bräuer: Also Spitzweg und Spitzweg/Busch, das waren Selbstläufer. Da hatten wir aus weitem Umkreis viele Besucher und haben teilweise drei Führungen hintereinander gemacht. Albert Weisgerber dagegen war schwieriger: Die Bilder haben keine heitere Thematik, da steckt eine tiefe Tragik darin, und das hat sich dann auch auf uns übertragen. Ich bin in der Zeit oft nach Hause gegangen und habe gesagt, mein Gott, heute konnte ich die Leute nicht mit einer frohen Botschaft nach Hause schicken. Und das tue ich gerne.

Bei schwierigen Sujets kommt Ihnen eine Schlüsselrolle zu.

Bräuer: Das stimmt. Der durchschnittliche Besucher geht aufs große, buntfarbige Werk zu. Da waren zum Beispiel die Maler der Scholle ein solcher Höhepunkt. Vor so einem großformatigen Gemälde zu stehen, bringt Ruhe, bewirkt quasi Momente der Entschleunigung im Alltag. Kleinformatigere Grafik anzuschauen, erscheint vielen Leuten mühsamer. Der Wortstamm von Grafik heißt Schreiben. Hier haben wir es mit der unmittelbaren Hand-Schrift des Künstlers zu tun. Falls wir dann auch noch auf ein daraus entstandenes Gemälde verweisen können, dann wird das für die Besucher zum Aha-Erlebnis.

Mitunter hilft es ja auch, wenn man kunstgeschichtliche Bezüge kennt.

Bräuer: Es reicht mir nicht, wenn ich sage, dieses Bildzitat bezieht sich etwa auf Tizian. Damit können nicht alle Besucher etwas anfangen. Also ist es hilfreich, man hat die passende Abbildung dabei und lässt es selbst nachvollziehen. Wichtig sind mir biografische Daten, die uns so Einblick in ein Künstlerleben geben. Gerne stelle ich auch Bezüge zur Literatur (ich bin ein bekennender Schiller-Fan) mit den entsprechenden Gedichten oder zu Bibelstellen her.

In der Kunstgeschichte zeigt sich ja immer auch Geschichte.

Bräuer: Das ist eines meiner Lieblingsthemen. Ich biete die Themenführung „Von der Obrigkeit zur Bürgerlichkeit“ an. Da geht es um die seit der Französischen Revolution zerfallenden Herrschaftsstrukturen bis hin zu einem Max Liebermann, der sich die Arbeit und nicht den Herrscher oder die Dame im Salon zum Thema nimmt. Und plötzlich wird die Befreiung, die im 19. Jahrhundert stattgefunden hat, erlebbar.

Haben Sie ein Lieblingsbild im Museum?

Bräuer: Mehrere sogar. Ein Beispiel: Die alte Botenfrau voller Würde von Ludwig Knaus von 1888 im Realismus-Raum. Das harte Leben der Frau spiegelt sich in ihrem Gesicht, ihrer Kleidung, ihren plattgetretenen Füßen – sie zieht über Land und bringt Nachrichten. Dass das auch mal schlechte sein können, dafür stehen symbolisch die Krähen auf dem Bild. Damals mussten die Menschen hart arbeiten, so lange es eben ging – hier zeigt sich ein Stück Sozialgeschichte, und auch das finde ich faszinierend.

 


 


Evamaria Braeuer, Gerolzhofen | info@evamaria-braeuer.de